Montag, 25. September 2023

Zehnter Todestag von Weihbischof em. Ernst Gutting

Weihbischof em. Ernst Gutting

Sein Einsatz galt besonders der Frauenseelsorge und einer gerechten Arbeitswelt – Gedenken an Gutting im Gottesdienst zum Domweihfest am 1. Oktober

Speyer. Vor zehn Jahren, am 27. September 2013, ist der emeritierte Speyerer Weihbischof Ernst Gutting im Alter von 94 Jahren verstorben. Geschwächt durch Alter und Krankheit, hatte er seine letzten Lebensjahre zurückgezogen in Kaiserslautern verbracht. Im Rahmen des Gottesdienstes zum Domweihfest am Sonntag, 1. Oktober, um 10 Uhr in Dom zu Speyer, wird Gutting gedacht.

Engagiert für eine Kirche nahe bei den Menschen
Ernst Gutting stammte aus Ludwigshafen, wo er am 30. Januar 1919 geboren wurde. Nach seiner Priesterweihe 1949 war er Kaplan in Pirmasens, Landau und Kaiserslautern. 1956 wurde er Diözesanseelsorger für die Frauenjugend, bis ihm Bischof Dr. Isidor Markus Emanuel 1959 das Amt des Diözesanfrauenseelsorgers übertrug. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit war der Aufbau eines Diözesanverbandes der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd).

Am Fronleichnamsfest 1971 gab Bischof Dr. Friedrich Wetter bekannt, dass Papst Paul VI. seiner Bitte nach einem Weihbischof entsprochen habe. Mit dem 52-jährigen Gutting fiel die Wahl auf einen Speyerer Diözesanpriester, dessen Wirkungsbereich schon längst über die Grenzen des Bistums hinausgegangen war: Bereits 1968 war Gutting zum Generalpräses des Zentralverbandes der Katholischen Frauen- und Müttergemeinschaften Deutschlands gewählt worden; ein Jahr später hatte er auch die Leitung der Bischöflichen Hauptstelle für Frauenseelsorge in Düsseldorf übernommen.

Am 12. September 1971 empfing Gutting im Speyerer Dom die Bischofsweihe. Er war der erste Weihbischof des Bistums Speyer seit der Neuerrichtung des Bistums 1817/1821. "Nur die Liebe zählt": Diesen testamentarischen Satz seiner Lieblingsheiligen, der "kleinen Theresia" von Lisieux, hatte er sich zum Leitspruch gewählt. Die Gedanken dieser Heiligen haben am tiefsten seine Spiritualität als Priester und Bischof beeinflusst. Ihren "kleinen Weg" der Liebe suchte er, der nach eigenen Worten "am liebsten Exerzitienmeister" gewesen wäre, über Jahrzehnte in Vorträgen und Einkehrtagen zu vermitteln. Tiefstes Anliegen war ihm dabei immer der Aufbau einer Kirche, die in einer von Hass, Ungerechtigkeit und Krieg zerrissenen Welt zu einem Ort wirklicher Gemeinschaft und der heilenden Gegenwart Christi wird.

Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Frauenseelsorge
Bekannt geworden über das Bistum hinaus war Weihbischof Gutting als Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Frauenseelsorge. In dieser Funktion hatte er das 1981 erschienene Schreiben der deutschen Bischöfe „Zu Fragen der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft“ maßgeblich mitverfasst. Guttings offene und mutige Worte für die Rechte der Frau in Gesellschaft und Kirche fanden nicht nur in katholischen Frauenkreisen Beachtung und Beifall. Sein 1987 veröffentlichtes Buch "Offensive gegen den Patriarchalismus - für eine menschlichere Welt", ist ein leidenschaftliches Plädoyer für ein partnerschaftliches Miteinander von Männern und Frauen im Geist der biblischen Botschaft.

Besonders eingesetzt hat sich der Speyerer Weihbischof auch für die Pfarrhaushälterinnen. So war er 1971 an der Gründung der Bundesarbeitsgemeinschaft dieser Berufsgruppe beteiligt. Ebenso war er 1974 Mitbegründer der Internationalen Föderation der Pfarrhaushälterinnen, deren Präsidium er bis 2003 als Bischöflicher Berater angehörte.

"Die Kirche muss sich zu den Arbeitern bekehren“
Außer der Frauenseelsorge galt das besondere Interesse Guttings der Arbeitswelt. Hierfür empfing er - als Sohn eines christlichen Gewerkschaftssekretärs - schon im Elternhaus entscheidende Impulse. Seit seinen ersten Kaplansjahren war er der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) eng verbunden. "Die Kirche muss sich zu den Arbeitern bekehren", so lautete einer seiner Leitsätze. Er selbst scheute sich nicht, für die Interessen der Arbeiter auf die Straße zu gehen. 1975 kämpfte er in einer Initiative der katholischen und evangelischen Kirche gegen den Abbau von 900 Arbeitsplätzen beim Speyerer Flugzeugwerk VFW mit. Als die Schließung des Alcan-Aluminiumwerkes in Ludwigshafen drohte, ließ er sich von der Betriebsversammlung zum Mitglied der Verhandlungskommission wählen.

„Der kleine Bischof mit dem großen Herzen“
„Der kleine Bischof mit dem großen Herzen“: So beschrieb Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann Weihbischof Gutting anlässlich seiner Beisetzung vor zehn Jahren im Speyerer Dom. Guttings bischöflicher Leitspruch „Nur die Liebe zählt“ (Theresia von Lisieux) fasse das Entscheidende seines Lebens und Wirkens zusammen. Ihm sei es um die „Vision Gottes“ von seiner Kirche gegangen, die „als Gemeinschaft die menschenfreundliche, erlösende Gegenwart Christi spürbar macht, einer Kirche, die auf die Menschen zugeht, ihnen durch die Botschaft von der barmherzigen Liebe Gottes dienen will und hilft, Vereinsamung, Trost- und Hoffnungslosigkeit zu überwinden“, so Bischof Wiesemann bei der Beisetzung Guttings am 4. Oktober 2013.

Im Januar 2019 feierte das Bistum Speyer den 100. Geburtstag von Weihbischof Ernst Gutting mit einem Pontifikalamt im Speyerer Dom mit anschließendem Empfang und einer Festakademie im Historischen Ratssaal in Speyer im Februar 2019. Außerdem erschien aus diesem Anlass im Pilgerverlag Speyer das Buch: Kleiner Bischof – Großes Herz. Zum 100. Geburtstag von Weihbischof Ernst Gutting. Schriftenreihe des Diözesan-Archivs Speyer, Band 53, ISBN 978-3-946777-11-3.

Foto: Archiv